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Wie das Kammergericht Berlin in einer neuen Entscheidung (Az. 6 W 45/19) veröffentlichte, sind die dortigen Richter der Auffassung, dass eine in einem gemeinschaftlichen Testament eines Ehepaars gewählte Formulierung, dass für den Fall des „Gemeinsamen Todes“ das Patenkind des Ehemanns Alleinerbe werden soll, nicht nur den Fall umfasst, dass beide zeitgleich Sterben, beispielsweise bei einem Flugzeugabsturz, einem Zugunglück oder einem Schiffsuntergang, sondern auch den Fall trifft, dass nacheinander, selbst wenn Jahre dazwischenliegen, beide Ehegatten verstorben sind.
Im konkreten Fall bestanden Differenzen zwischen dem im Testament für den Fall des „gemeinsamen Todes“ vorgesehenen Alleinerben (Patenkind des Ehemanns) und mehreren Geschwistern der Ehefrau, die einen Erbschein als gesetzliche Erben beantragten.
So kam der Streit vor Gericht:
Die Geschwister der Ehefrau argumentierten, beide Eheleute seien in einem Abstand vieler Jahre verstorben, deshalb könne man nicht mehr von einem „gemeinsamen Tod“ sprechen. Das Obergericht kam jedoch zu der Überzeugung, dass der hier gewählte Begriff „Gemeinsamer Tod“ auch den Fall trifft, dass beide ohne einen engen zeitlichen Zusammenhang, verstorben sind, weil sie schließlich beide „gemeinsam Tod“ sind.
Gestützt wurde diese Entscheidung allerdings nicht nur auf die Formulierung, sondern auch durch im Verfahren vorgenommene Zeugenaussagen, die offensichtlich den Willen der beiden Erblasser auch in diese Richtung bestätigt haben.
Kann nämlich ein Testament aus sich heraus keine Eindeutigkeit ergeben, ist das Gericht verpflichtet, auch Zeugen zu vernehmen, falls diese etwas über die tatsächliche Motivation und den Willen – soweit im Testament natürlich gedeckt – aussagen können. Im konkreten Fall war dies so. So wurde die Formulierung „Gemeinsamer Tod“ vom Gericht ausgelegt.
Es gibt durchaus auch ähnliche Formulierungen die anderes bedeuten können, d. h., dass man tatsächlich nur den Tod im Sinne von kurzfristig hintereinander oder zeitgleich meint. Auch dies ist eine zulässige Beschreibung einer bestimmten Bedingung.
Man mag aus diesem Urteil wieder erkennen, wie wichtig es ist, sehr präzise in seinem Testament sich auszudrücken, weil derjenige, der später mit den Formulierungen leben muss, d. h. der Erbe oder Verwandte und natürlich auch ggf. auch Richter, den Erben nicht mehr fragen können.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht
Marwin H. Roth, Saarbrücken,
auch zertifizierter Testamentsvollstrecker AGT